Gegenstand meines Forschungsprojektes sind die frühesten Publikationen Franz Kafkas. Im ersten Heft des Hyperion (März 1908) veröffentlicht er acht Prosaminiaturen unter dem Titel Betrachtung, im März- / Aprilheft 1909 folgen das Gespräch mit dem Beter und das Gespräch mit dem Betrunkenen. Im März 1911 publiziert Kafka in der Prager Tageszeitung Bohemia unter dem Titel Eine entschlafene Zeitschrift einen ‚Nachruf‘ auf den Hyperion, nachdem die Zeitschrift im März 1910 ihr Erscheinen eingestellt hat. Die Forschung hat an dieser Rezension die Ambivalenz zwischen Lob und scharfer Kritik wiederholt konstatiert, ohne eine überzeugende Erklärung dafür anzubieten. Die Rekonstruktion des intendierten, aber nicht verwirklichten Programms der Zeitschrift hat ergeben, dass Kafkas Rezension einer klassisch-romantischen Ästhetik verpflichtet ist, was in meiner Studie als Kafkas frühe Poetik verstanden werden soll. Diese These ist zu verifizieren, indem – erstens – Kafkas Betrachtung im Kontext des Hyperion-Heftes 1/1 und – zweitens – die beiden Gespräche im Kontext des Hyperion-Heftes 2/8 analysiert werden. Zudem möchte ich Kafkas Rezensionen (1909/1910), seine Essays zur Literatur- und Sprachkritik (1911/1912) sowie seine Bezugnahme auf die Person und das Werk Johann Wolfgang Goethes (1912) in die Analyse einbeziehen.